Messcharakteristiken

Analyze MyMachine /Condition erstellt einen mechanischen Fingerabdruck ihrer Werkzeugmaschine mithilfe der folgenden Messcharakteristiken:

  • Gleichlauf

  • Reibung

  • Umkehrspiel

  • Signatur

  • Quadrantenfehler

  • Steifigkeit

  • Frequenzantwort
    Frequenzantwort kann nur berechnet werden, wenn AST (Auto Servo Tuning) auf SINUMERIK Operate (Version 4.7.2) installiert und konfiguriert ist.

Jeder Kennwert kann für jede Achse ermittelt werden, indem ein Messprogramm ausgeführt wird. Wenn eine Achse allerdings über kein direktes Messsystem verfügt, also nur ein Geber vorhanden ist, können Umkehrspiel und Steifigkeit nicht berechnet werden. Für das Berechnen dieser Kennwerte werden immer zwei Geber benötigt.

Im Folgenden wird jede Messcharakteristik beschrieben. Zusätzlich werden die Ursachen von Veränderungen sowie die möglichen Auswirkungen auf die Kennwerte ihrer Werkzeugmaschine aufgelistet.

Gleichlauf

Beim Gleichlauf-Achsentest wird eine Achse mit konstanter Geschwindigkeit über den definierten Messweg vollständig bewegt.
Aus dem gemessenen Motordrehmoment werden die Wechselkomponenten der lastseitigen Kraft über die Achsposition bestimmt.
Aus dem gemessenen Motordrehmoment werden die Wechselanteile der lastseitigen Kraft über der Achsposition bestimmt. Die charakteristische Kenngröße entspricht der Maximalkraft bei der Hin- bzw. Rückfahrt.

Ursachen von Veränderungen

Wenn die Maximalmalkraft zunimmt, sind folgende Ursachen möglich:

  • Mangelschmierung der Achse

  • Mechanische Schäden an der Achse

  • Verklemmung der Abdeckungssegmente

  • Spänekontamination

Wenn sich der Kraftverlauf verglichen mit der Referenzfahrt deutlich verändert, sind folgende Ursachen möglich:

  • Fluchtungs- bzw. Parallelitätsfehler an der Achse (z. B. als Folge einer Kollision)

Mögliche Auswirkungen

Weichen Maximalkraft oder Kraftverlauf zu sehr ab, sind folgende Auswirkungen möglich:

  • Reduzierte Werkstücksqualität: Längen- und Oberflächenfehler auf dem Werkstück

  • Schäden an der Maschine, wenn die Ursachen nicht rechtzeitig behoben werden

Ermittlung

Die Achse wird mit konstanter Geschwindigkeit entlang des definierten Messbereichs verfahren.

Reibung

Der Reibungstest liefert 3 verschiedene Messergebnisse:

  • Trockenreibung (Haftreibung)

  • Viskose Reibung (geschwindigkeitsabhängige Reibungskomponente)

  • Reibverteilung

Die Reibverteilung gibt Aufschluss darüber, wie sich die Achsreibung zwischen Spindelmutter oder der Führung aufteilt. Auf diese Weise kann abgeschätzt werden, welche Komponente des Antriebsstrangs für die Erhöhung der Reibung bei zunehmender Gesamtreibung verantwortlich ist. Führt die erhöhte Reibung zu einer verstärkten Kompression zwischen den Messsystemen, dann hat die Reibung auf der Führungsseite zugenommen. Ansonsten hat die Reibung motornah –an Spindelmutter oder vorgeschaltetem Getriebe –zugenommen.

Ursachen von Veränderungen

  • Zunahme der Reibverteilung Spindelmutter

    • Mechanischer Defekt der Spindelmutter

    • Mangelschmierung der Spindelmutter/Kugelgewindetrieb

  • Zunahme der Reibverteilung Führung

    • Mechanischer Defekt an der Führungswagen-Lauffläche

    • Mangelschmierung der Führung

    • Mangelschmierung der Abdeckung

  • Zunahme der Kenngrößen viskose Reibung/Trockenreibung: Mangelschmierung

Mögliche Auswirkungen auf die Maschine

  • Positionierungsfehler durch Überschwinger

Steifigkeit

Steifigkeit beschreibt die Gesamtsteifigkeit des Antriebsstrangs zwischen den beiden Messsystemen und kann auch als Axialsteifigkeit des gesamten Antriebsstrangs einer Achse verstanden werden. Sie ergibt sich aus einer Reihenschaltung der Einzelsteifigkeiten der Komponenten. Bei Antriebssträngen mit Kugelgewindetrieb (KGT) ist die Axialsteifigkeit der Spindelmutter meist die Stelle mit der kleinsten Steifigkeit. Die Gesamtsteifigkeit nimmt mit zunehmender Distanz vom Festlager ab, da die Steifigkeit des KGT (Zug/Druck und Rotation) mit zunehmender Länge abnimmt.

Ursachen von Veränderungen

Die Steifigkeit der Achsen einer Werkzeugmaschine kann mit der Zeit abnehmen. Normalerweise erhöht sich die Steifigkeit nicht. Mögliche Ursachen sind:

  • Nachlassende KGT-Vorspannung

  • Verschleiß der Kugeln der Führung

  • Schäden am Lager

Mögliche Auswirkungen

Nimmt die Steifigkeit zu sehr ab, sind folgende Auswirkungen möglich:

  • Reduzierte Werkstücksqualität: Längen- und Oberflächenfehler auf dem Werkstück

  • Absinken der niedrigsten Eigenfrequenz des Antriebsstrangs, was zu Stabilitätsproblemen im Lageregelkreis führen kann

Ermittlung

Die Achse wird an verschiedenen Positionen beschleunigt. Anschließend werden die einzelnen, diskreten Messpunkte mit der Polynominterpolation beschrieben.

Umkehrspiel

Das Umkehrspiel ist ein Fehler bei der Positionierung, der bei der Umkehrung der Kraftrichtung auftritt. Es wird durch Spiel und kleine Steifigkeiten im Antriebsstrang verursacht. Das Umkehrspiel beeinflusst auch die bidirektionale Wiederholgenauigkeit.

Ursachen von Veränderungen

Das Umkehrspiel nimmt normalerweise mit der Zeit zu. Mögliche Ursachen sind:

  • Verschleiß der Führungsrillen des KGT/Spindelmutter und damit zunehmendes Spiel

  • Folge einer Kollision: Kugeln im KGT plastisch verformt

Mögliche Auswirkungen

Nimmt das Umkehrspiel zu sehr zu, sind folgende Auswirkungen möglich:

  • Positionierungsfehler

  • Oberflächenfehler (Freischneiden bei Fräsbearbeitung)

  • Vibration der Maschine bei Verfahrbewegungen mit häufiger und schneller Richtungsumkehr

Ermittlung

Das Umkehrspiel wird aus der Differenz der beiden Geber nach Verfahren mit verschiedenen μm-Wegen ermittelt. Dabei wird zunächst in eine Richtung am Messpunkt verfahren und anschließend in die entgegengesetzte Richtung, bis die Achse sich erneut bewegt. Das Umkehrspiel wird bestimmt in der Mitte zwischen oberen und unteren Grenzwert des Messbereichs. Wird beispielsweise ein Messbereich zwischen 0 mm und 100 mm festgelegt, wird das Umkehrspiel bei 50 mm bestimmt.

Signatur

Die Signatur gibt periodische Positionsgleichlauffehler aufgrund ortsabhängiger Störungen des Antriebsstrangs an. Die Signatur wird aus den Frequenzspektren mehrerer verschiedener konstanter Geschwindigkeiten ermittelt. Tritt eine Ordnung in mindestens drei verschiedenen Geschwindigkeiten auf, dann kann man sie als Störung z. B. aufgrund einer angeregten Eigenfrequenz ausschließen. Die Ordnung wird als Kenngröße übernommen.

Die Anzahl der Ordnungen gibt im Wesentlichen an, wie oft der Motor sich drehen muss, bis die periodische Störung erneut auftritt. Basierend auf der Signatur können defekte Komponenten des Antriebsstrangs identifiziert werden. In einem solchen Fall weist der Vergleich der Signaturmessung mit der Referenzmessung eine neue Ordnung auf, die in der Referenzmessung nicht vorhanden war.

Ursachen von Veränderungen

  • Amplitude einer oder mehrerer Ordnung(en) aus der Referenzmessung nehmen zu

  • Plötzliche Sichtbarkeit von neuen Frequenzen ("Schadensfrequenzen") im Vergleich zur Referenzmessung

    • Lagerschaden

    • Schaden am Kugelgewindetrieb (z. B. plastische Verformung in Führungsrillen)

    • Verlust der Spannung eines Zahnriemens

Mögliche Auswirkungen

  • Oberflächenfehler durch Vibrationen

  • Positionierungsfehler

Ermittlung

Die Signatur wird durch Ordnungsanalyse während des Gleichlauftests einer Achse mit 3 verschiedenen konstanten Geschwindigkeiten ermittelt. Nur wenn eine Ordnung mit drei verschiedenen Geschwindigkeiten gemessen wird, wird die Signatur von Analyze MyMachine /Condition als reale Ordnung bewertet.

Quadrantenfehler

Der Quadrantenfehler kann als eindimensionaler Rundheitstest verstanden werden und bezieht sich nur auf eine Achse. Der Quadrantenfehler tritt bei Richtungsumkehr der Achse auf und ist vornehmlich auf Haftreibeffekte der Achse zurückzuführen.

Ursachen von Veränderungen

Normalerweise erhöht sich der Quadrantenfehler mit der Zeit. Mögliche Ursachen sind:

  • Änderung der Haftreibung des Antriebsstrangs

  • Falsch eingestellte Reibkompensation

  • Zunehmendes Umkehrspiel

Mögliche Auswirkungen

  • Positionierungsfehler

  • Oberflächenfehler im Formenbau

Ermittlung

Quadrantenfehler werden durch eine Sinusfahrt und dem Vergleich mit dem idealen Sinus ermittelt.

Frequenzantwort

Die Standard-Messfunktion der SINUMERIK-Steuerung ermittelt das mechanische Verhalten der Achse aus Sicht des Antriebs im Frequenzbereich. Das Ergebnis wird im dafür üblichen Bodediagramm dargestellt. Die Eigenfrequenzen werden automatisch bestimmt. Durch die Überwachung hochfrequenter Eigenmoden, z. B. Kupplung oder Riemen, deren Effekte üblicherweise in den Hauptsteifigkeiten untergehen, wird der Antriebsstrang umfassend kontrolliert.

Ursachen von Veränderungen

Mögliche Ursachen sind:

  • Verschiebung von Eigenfrequenzen aufgrund von Verschleiß innerhalb des Antriebsstrangs

  • Als Folge von Steifigkeitsverlusten

Mögliche Auswirkungen

  • Mögliche Fehlparametrierung der bestehenden Reglereinstellungen, z. B. dämpfende Filter auf Resonanz der Kupplung oder parametrierte Verstärkungsfaktoren passen nicht mehr zur Mechanik

  • Maschine wird nicht mehr mit optimalen Reglerparametern verfahren: Reduzierte Verfahrgeschwindigkeit bis hin zu Qualitätsmängeln auf dem Werkstück

Ermittlung

Die Frequenzantwort wird mit Hilfe der Messfunktion "Auto Servo Tuning" (AST) der SINUMERIK-Steuerung ermittelt. Die Messfunktion wird über "AST aus Teileprogramm" aufgerufen.